Wettbewerbsrecht
Keine wettbewerbswidrige Täuschung bei Vertragsänderung wegen behördlicher Covid-19 Anordnungen – Dürfen Fitnessstudios trotz Schließung weiter Mitgliedsbeiträge verlangen?
26.02.2021
LG Würzburg, Urteil vom 23.10.2021 - 1 HK O 1250/20 -
Gerade im sogenannten „2. Lockdown“, der in einer Vielzahl von Fällen des täglichen Lebens sogar zu größeren Einschränkungen geführt hat, als der Lockdown im Frühjahr 2020, mehren sich auch in der Praxis anwaltlicher Beratung die Fälle, in denen Zweifel darüber bestehen, ob die Vertragsdurchführung bei Dauerschuldverhältnissen bzw. deren Anpassungen auch für den Fall rechtmäßig sind, dass während der Zeit des Lockdowns die vom Unternehmen vorzunehmende Leistung nicht erbracht werden kann.
Während dies bei Dienstleistungen, die etwa online erbracht werden können und von Anfang an online erbracht werden sollten, sowie beim lieferfähigen Warenaustausch eher keine Probleme verursacht, verfügen die behördlich angeordneten Einschränkungen im Zusammenhang mit der SARS-CoV2 Pandemie und die von den Unternehmen – teils zum Betriebserhalt notwendigen – vorgenommenen Vertragsanpassungen erhöhtes Streitpotenzial.
In einer etwas älteren Entscheidung des Landgerichts Würzburg vom 23.10.2020 wurde entschieden, dass die als Werbung geäußerte Rechtsansicht eines Fitnessstudios, es könne die Vertragslaufzeit um den Zeitraum der behördlichen Schließung des Fitnessstudios wegen Covid-19 Anordnungen verlängern oder verschieben, keine unwahre Angabe im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG darstellt und es sich darüber hinaus auch nicht um eine sonstige zur Täuschung geeignete Angabe im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG handele. Entscheidend sei, dass die Frage, ob die Rechtsansicht der Beklagten (des Fitnessstudios), sie könne die Vertragslaufzeit verlängern oder verschieben richtig sei, grundsätzlich nicht in einem Wettbewerbsprozess geklärt werde, sondern solche Rechtsfragen in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden müssten, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht.
Das Landgericht Würzburg behandelte jedoch in dem vorgenannten Urteil auch die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit verschiedener Modi der Vertragsänderungen durch einen Fitnessstudiobetreiber.
Zum Sachverhalt:
Der Kläger (der Bundesverband der Verbraucherzentralen) begehrte Unterlassen im Hinblick auf irreführende Handlungen der Beklagten (des Fitnessstudios) im geschäftlichen Verkehr.
Die Beklagte musste im März 2020 ihre Studios aufgrund behördlicher Anordnung vor dem Hintergrund der Ausbreitung des Corona-Virus schließen. Eine Nutzung der vertraglich vereinbarten Fitnessangebote in den Studios der Beklagten war den Mitgliedern seither nicht mehr möglich. In einem Facebook-Post vom 18.03.2020 teilte die Beklagte ihren Mitgliedern mit, dass sie den Mitgliedsbeitrag für April abbuchen, diesen Betrag jedoch für jeden Monat gutschreiben werde, sobald das Studio wiedereröffnet. Außerdem teilte die Beklagte mit, dass sich der Vertrag um die Trainingsfreizeit verlängert. Mit Schreiben vom 28.04.2020 wurde die Beklagte unter Darstellung der Sach- und Rechtslage aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Beklagte reagierte insoweit nicht.
Der Kläger ist der Ansicht, indem die Beklagte ankündigte, die Vertragslaufzeit der bestehenden Verträge um jene Monate zu verlängere, in denen die Studios geschlossen sind, bringe sie gegenüber ihren Mitgliedern zum Ausdruck, sie sei zu dieser einseitigen Vertragsänderung befugt. Tatsächlich sei dies nicht der Fall. Die Verlängerung der Vertragslaufzeitstelle eine Vertragsänderung dar, die grundsätzlich der Zustimmung der Mitglieder bedürfe. Hierauf soll es nach Aussage der Beklagten jedoch nicht ankommen, sodass die Werbung irreführend sei.
Der Kläger beantragte daher, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00 und, falls dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, die einen Mitgliedsvertrag über die Nutzung von Fitnessangeboten in Fitnessstudios mit einer vertraglich vereinbarten Laufzeit abgeschlossen haben, für den Fall, dass die Studios aufgrund behördlicher Anordnung geschlossen werden, mitzuteilen, dass sich die Laufzeit des Vertrages um die Schließzeit verlängert.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie mit ihren Ausführungen auf Facebook keine irreführende Handlung begangen habe. Denn sie habe die Vertragslaufzeit faktisch nicht zulasten ihrer Kunden verlängert. Vertraglich vereinbart sei eine gewisse Laufzeit, etwa ein Zeitraum von sechs oder zwölf Monaten, in denen der Kunde berechtigt sei, das volle Angebot der Beklagten zu nutzen. Hierbei ist im Vertrag ein durchgehender Zeitraum datiert. Es sei jedoch allein aufgrund der vertraglichen Vereinbarung einer Laufzeit nicht auf einen einzelnen Zeitpunkt oder einen gesonderten Monat, sondern auf die Gesamtlaufzeit als vertragliche Leistungspflicht abzustellen. Sie ändere den Vertrag nicht ohne Zustimmung der Vertragspartner, sondern komme lediglich ihrer Leistungspflicht nach, das Angebot über die vereinbarte Vertragslaufzeit bereitzustellen. Eine pandemiebedingte Verschiebung des Leistungszeitraums sei nicht gleichzusetzen mit einer Verlängerung.
Aus den Gründen:
Die beanstandete Äußerung der Beklagten stelle keine unwahre Angabe im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UWG dar.
Wahr oder unwahr könnten nur Tatsachenbehauptungen sein, über die Beweis erhoben werden kann. Rechtsansichten seien im Grundsatz jedoch Meinungsäußerungen, die einer solchen Überprüfung nicht zugänglich seien (vergleiche BGH GRUR 2019, 754 Rn. 27). Dies folge schon daraus, dass in die Subsumtion eines Sachverhaltes unter die einschlägigen Rechtsnormen regelmäßig auch Elemente wertender Betrachtung einfließen.
Jedoch könnten Äußerungen zur Rechtslage auch Tatsachenbehauptungen enthalten. Dies betreffe zum einen den Sachverhalt, der im Rahmen einer Äußerung zur Rechtslage mitgeteilt werde. Dies sei hier aber nicht der Fall.
Zum anderen könne – zumindest in eindeutigen Fällen – auch die Behauptung, eine Rechtsfrage sei in einer bestimmten Weise durch Rechtsnormen geregelt oder von der Rechtsprechung entschieden, eine durch Beweiserhebung überprüfbare Tatsachenbehauptung darstellen (vergleiche BGH GRUR 2020, 886 Rn. 38, 39). Nach diesem Maßstab könne die angegriffene Passage im Facebookpost der Beklagten vom 18.03.2020 nicht als Tatsachenbehauptung gewertet werden. Die Äußerung der Beklagten, den April-Beitrag abzubuchen, aber die Trainingsfreizeit gutzuschreiben und die Folgerung, dass der Vertrag sich sodann um die Trainingsfreizeit verlängere, stellten sich jedoch nicht als Tatsachenbehauptungen, sondern als Rechtsansichten dar. Auf eine höchstrichterlich geklärt Rechtslage habe sich die Beklagte hierbei nicht berufen. Andererseits handele es sich, entgegen der Einschätzung des Klägers auch nicht um eine Äußerung entgegen einer eindeutig geklärten Rechtslage oder Gesetzeslage. Vielmehr sei die Einschätzung der Rechtslage in Folge der durch die sogenannte Corona-pandemiegestörten privatrechtlichen Vertragsverhältnisse vielfach ungeklärt und umstritten.
Nach Einschätzung des Gerichts sei im Falle der behördlich verfügten Schließung des Fitnessstudios nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass die Kunden der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Beiträge haben, soweit das Studio nicht nutzbar war. Vielmehr sei die rechtliche Einschätzung entgegen der Ansicht des Klägers alles andere als eindeutig.
Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen sogenannten typengemischten Vertrag mit einem Schwerpunkt im Mietrecht, da die Dienst- und Werkleistung nur von einer untergeordneten Bedeutung seien. Vorliegend gingen beide Parteien bei Vertragsschluss davon aus, dass das Fitnessstudio ganzjährig benutzbar sei.
Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn Sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann nach § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrages verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden könne (vergleiche BGH, Urteil vom 18.06.2015 – 1 ZR 14/14). Das Fehlen oder der Wegfall der Geschäftsgrundlage führen grundsätzlich nicht zur Auflösung des Vertrages, sondern zur Anpassung seines Inhalts an die veränderten Verhältnisse. Das maßgebliche Kriterium für die Anpassung sei die Zumutbarkeit. Erforderlich sei eine umfassende Interessenabwägung und anzustreben sei ein optimaler Interessensausgleich bei einem möglichst geringen Eingriff in die ursprüngliche Regelung (vergleiche BGH, NJW 2012, 373).
Die Corona Krise habe massive Auswirkungen auf die Durchführung vieler Verträge (tatsächliches Element) und habe in ihrer Tragweite zumindest bis zum Jahresbeginn 2020 nicht vorhergesehen werden können (hypothetisches Element). Darüber hinaus komme es auf die Eigenheiten der individuellen Vertragsbeziehungen an, mit denen sich hier anders als im Normalfall keine konkrete Risikozuweisung begründen ließe (normatives Element, § 313 Abs. 1 BGB). Das Festhalten am unveränderten Vertrag sei nach der Rechtsprechung zwar zumutbar, soweit es nicht zu einem Recht und Gesetz schlechthin unvereinbaren Ereignis führe. Gleichzeitig konzediere auch die Rechtsprechung, dass es Entwicklungen gibt, die so vertragsfern und derart außergewöhnlich seien, dass keine der Parteien das entsprechende Risiko tragen soll.
So wurde eine Störung der Geschäftsgrundlage bei behördlicher Untersagung der Vertragsdurchführung bejaht, wenn die anlassgebenden Sicherheitsrisiken beide Parteien gleichermaßen betrafen und billigerweise nicht eine Partei allein mit den Folgen zu belasten war. Auch die drohende Existenzvernichtung durch äußere, nicht der eigenen Risikosphäre zuzurechnende Umstände sei eine anerkannte Fallgruppe, und im Kontext der „großen Geschäftsgrundlage“ sei entschieden worden, dass beispielsweise das Risiko von Kriegsschäden keine der Parteien zuzurechnen sei und diese als „Gefahrgemeinschaft“ auch den Schaden zu teilen hätten.
Die Covid-19-Pandemie falle in die Kategorie der sogenannten Störung der „großen Geschäftsgrundlage“. Unter dem Wegfall der großen Geschäftsgrundlage verstehe man jene Fälle, die über das Vertragsverhältnis der beiden Vertragsparteien hinausweisen. Der Durchführung des Vertrages stünden Ereignisse wie Krieg, Inflation oder Naturkatastrophen entgegen. Diese Risiken, die aus der gemeinsamen sozialen Existenz beider Parteien stammten – SARS-CoV2 Virus treffe die Gesellschaft als Ganze und erfordere daher auch ein solidarisches Handeln der Gesellschaft –, könnte nicht einer Partei einseitig zugewiesen werden. Vielmehr gelte es, eine gerechte Lastenverteilung zu finden. Die Corona-Pandemie wirke auf die Vertragspraxis wie ein exogener Schock. Die bisherige Maxime „Verträge sind einzuhalten“ bedürfe daher einer Auflockerung. Die Anpassung des Vertrages sei vorliegend den Kunden der Beklagten zumutbar gewesen, weil die Anpassung zu einem Vertragsinhalt führe, der eine Überprüfung am Maßstab eines hypothetischen Parteiwillens standhalte und in die Vertragspartei in Kenntnis der geänderten Umstände vereinbart hätten.
Soweit der Kläger meine, die Beklagte hätte sich auf Kosten der Mitglieder durch eine Vertragsverlängerung einen wirtschaftlichen Ausgleich ihrer Verluste besorgt und sich an den Mitgliedern schadlos gehalten, könne das Gericht diese Argumentation nicht nachvollziehen. Vielmehr sei es tatsächlich so gewesen, dass die Beklagte die Verträge gerade nicht kostenpflichtig verlängerte, sondern die durch die behördlichen Schließungen verursachte „Trainingsfreizeit“ den Mitgliedern gutgeschrieben worden seien, also falls die Schließung einen Monat dauern würde, dann wäre den Mitgliedern einen Monat beitragsfrei Training gutgeschrieben worden und die Gesamtlaufzeit um einen Monat verlängert worden. Die Beklagte habe also ihren Kunden bzw. Mitgliedern kein Geld abgebucht, ohne nicht auch eine entsprechende Leistung zu einem späteren Zeitpunkt zu gewähren. Dies sei alles andere als eine Schadloshaltung zulasten der Kunden.
Die Beklagte hätte auch keine kostenlose Vertragsverlängerung anbieten müssen, weil das Festhalten am Vertrag für Kunden so lange zumutbar ist, solange es nicht zu einem Recht und Gesetz schlechthin unvereinbaren Ergebnis führt (BGH, Urteil vom 18.10.2001 – I ZR 193/99). Im Ausgangspunkt trage nämlich jede Vertragspartei das Risiko ihrer geschuldeten Leistung. Dass die Beitragszahlungen im streitgegenständlichen Zeitraum für die Kunden der Beklagten unzumutbare oder gar Existenz nicht befolgen hatten, sei nicht ersichtlich. Sie hätte lediglich in diesem Zeitraum keine Möglichkeit zu trainieren. Mehrausgaben seien ihnen nicht entstanden. Auf Seiten der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass diese auch während der Betriebsuntersagung die Kosten für den Erhalt des Fitnessstudios, etwa in Form von Lohnzahlungen sowie Wartung- und Pflegekosten zu tragen hätte. Sie habe sich dadurch, dass das Studio nicht genutzt wurde, finanziell zwar einiges erspart, aber gemessen an den Fixkosten sei dies gerichtsbekannt eher untergeordnet. Es hätte daher aus diesen Gründen auch nicht gegen Treu und Glauben verstoßen, den sich aus der Verwirklichung des beide Parteien betreffenden Risikos der höheren Gewalt ergebenden Verlust alleine den Kunden der Beklagten aufzuerlegen. Die Beklagte hätte sich, hätten die Vertragsparteien die Pandemie und deren Folgen bei Vertragsschluss vorausgesehen, auch nicht billigerweise darauf einlassen müssen, Beiträge zurückzuerstatten.
Damit sei die von der Beklagten getroffene Regelung nach den Grundsätzen der Vertragsanpassung infolge der Störung der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt und damit auch nicht irreführend und auch nicht wettbewerbswidrig. Vielmehr habe die Beklagte zugunsten ihrer Kunden gehandelt. Würde man dem Kläger folgen, der als Bundesverband der Verbraucherzentralen zugunsten der Verbraucher agieren sollte, dann hätte die Beklagte offenbar die kostenlose Vertragsverlängerung ihren Kunden nicht anbieten dürfen, mit der Konsequenz, dass die Kunden für den Zeitraum der Schließung des Fitnessstudios keinen Ausgleich erhalten hätten. Soweit der Kläger meine, die Beklagte hätte diese Beiträge den Kunden zurückerstatten müssen bzw. die Kunden für Zeit der Schließung nicht zahlen müssen, sei diese Rechtsansicht wie dargelegt sehr zweifelhaft. Ein beiderseitiger Wegfall der Leistungspflichten nach §§ 275 Abs. 2 oder Abs. 3, 326 Abs. 1 BGB Stelle nämlich oftmals wegen des Alles-oder-nicht-Charakters der Unmöglichkeit keine interessensgerechte Lösung dar. In diesen Fällen bleibe § 313 Abs. 1 BGB anwendbar und könne die „Rettung“ des Vertrages durch Anpassung ermöglichen, wie sie die Parteien in Antizipation der Corona-Krise vorgenommen hätten. Es bestünde somit keinesfalls unzweifelhaft das Recht oder eine Befugnis der Kunden der Beklagten, für die Monate der Schließung die Beiträge nicht zu entrichten. Vielmehr sei die Rechtslage gerade nicht eindeutig. Dies hätte dem Kläger bekannt sein sollen.
Das Angebot der Beklagten an ihre Kunden, die Vertragslaufzeit zu verlängern, sei somit im Hinblick auf die massive Störung der Geschäftsgrundlage infolge der Betriebsschließung weder irreführend, noch wettbewerbswidrig.
Auch eine sonstige zur Täuschung geeignete Angabe im Sinne des § fünf Abs. 1 Satz zwei Fall 2 UWG liege nicht vor. Zu diesen zählte nicht nur Tatsachenbehauptungen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Meinungsäußerungen.
Danach könne der zweite Fall des § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG grundsätzlich auch Angaben erfassen, die – wie Meinungsäußerungen – zwar nicht wahr oder unwahr sein können, gleichwohl aber zur Täuschung des Durchschnittsverbrauchers geeignet sein (vergleiche BGH GRUR 2019,754 Rn. 25-29). Aussagen über die Rechtslage würden allerdings nur in bestimmten Fällen von § 5 Abs. 1 UWG erfasst. Dabei sei entscheidend, wie der Verbraucher die Äußerung des Unternehmers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und Weise der Äußerung, auffasste. Sei für die Betroffenen Verkehrskreise erkennbar, dass es sich um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geäußerte Rechtsansicht handele, fehle dieser Äußerung die zur Erfüllung des Tatbestands der Irreführung erforderliche Eignung zur Täuschung. Dass eine solche Äußerung nicht im Irreführungstatbestand unterfalle, folge ferner aus der Überlegung, dass es dem Unternehmer bei der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung unbenommen bleiben müsse, eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Ob diese Rechtsansicht richtig sei, könne nicht im Wettbewerbsprozess, sondern müsse in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht beziehe (vergleiche BGH GRUR 2019, 754 Rn. 31).
Dagegen erfasse § 5 Abs. 1 UWG Äußerungen, in denen der Unternehmer gegenüber Verbrauchern eine eindeutige Rechtslage behaupte, die tatsächlich nicht bestehe, sofern der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung verstehe. Daran fehle es aber hier.
Den Kunden sei nicht suggeriert worden, die Beklagte könne dies ohne weiteres einseitig tun. Im Gesamtzusammenhang der Mitteilung der Beklagten an ihre Kunden sei dies als ein Angebot bzw. eine Rechtsansicht der Beklagten zu verstehen gewesen. Wer das Angebot nicht annehmen wolle, sei genau in der Situation gewesen, die der Kläger in diesem Verfahren als allein richtig ansehe. Der Kunde könne sein Geld zurückfordern und/oder kündigen. Wie dargelegt sei es aber rechtlich umstritten, ob diese Ansprüche oder Rechte tatsächlich bestünden. In dieser Situation sei also das Angebot der Klägerin im Ergebnis kundenfreundlich gewesen, weil es die Risiken für beide Vertragsteile sachgerecht verteile.
Daher sei die Klage insgesamt abzuweisen gewesen.
Unser Kommentar:
Das vorliegende Urteil dürfte nicht nur im gewerblichen Rechtsschutz zur Frage der Behandlung pandemiebedingter Einschränkungen wegweisend sein, sondern hat auch Auswirkungen auf den Verbraucherschutz. Zwar stellt das Urteil des Landgerichts Würzburg kein Referenzurteil in Verbrauchersachen dar, da es hierüber gar nicht hätte entscheiden dürfen, allerdings dürfte sich die Argumentation des Landgerichts Würzburg, ob die beitragsfreie Verlängerung von Fitnessstudio-Verträge in Anbetracht der pandemiebedingten Schließungen zulässig ist oder nicht, als richtig erweisen. Es ist zu erwarten, dass dieser Argumentation auch in Rechtsstreiten zwischen den Verbrauchern und Fitnessstudiobetreibern gefolgt wird.
Eine geänderte Argumentation wäre allerdings dann denkbar, wenn sich die pandemiebedingten Schließungen über einen derart langen Zeitraum hinziehen, dass es sowohl den Betreibern von Fitnessstudios als auch den Kunden unzumutbar wäre, die bestehenden Verträge über einen solchen langen Zeitraum beitragsfrei zu verlängern.
Von solchen Zeiträumen sind wir allerdings nach hier geäußerter Rechtsauffassung auch im zweiten Lockdown noch weit entfernt.
Wir von der Kanzlei Kügel Hein Göbel Müller stehen Ihnen, gerade auch in pandemiebedingten Wettbewerbsstreitigkeiten mit Rat und Tat zur Seite, wobei die rechtliche Expertise ergänzt wird durch reichhaltige Erfahrung, ob die Durchsetzung des Rechts auch wirtschaftlich Sinn ergibt.
Zurück zur Übersicht