Mietrecht

Aufrechnung mit verjährten Schadensersatzforderungen wegen Beschädigung der Mietsache gegen Kautionsrückzahlungsansprüche

05.09.2024

BGH, Urteil vom 10.07.2024 - VIII ZR 184/23 -


Vermieter dürfen Geld für etwaige Schäden an der Mietsache auch dann noch von der Kaution abziehen, wenn ihr Ersatzanspruch eigentlich schon verjährt ist.

Das hat in einem aktuellen Fall der Bundesgerichtshof entschieden.

Gemäß § 548 BGB verjähren Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache schon innerhalb von sechs Monaten ab Rückgabe der Mietsache. Der Vermieter muss sich also beeilen, wenn er wegen Schäden in einer Wohnung den Mieter nach dessen Auszug noch in Anspruch nehmen will.

Im vorliegenden Fall geschah genau dies nicht, d.h. der Vermieter unterließ es, innerhalb der sechs Monate Ansprüche nach Ende des Mietvertrages wegen Schäden an der Wohnung geltend zu machen.

Stattdessen forderte aber die Mieterin nach Ende des Mietvertrages ihre Kaution zurück. Der Vermieter rechnete dagegen mit den Schadensersatzforderungen wegen Schäden an der Wohnung auf, welche die Kaution sogar noch überstiegen. Folglich bekam die Mieterin kein Geld zurück und machte ihren Anspruch gerichtlich geltend. Dabei berief sie sich vor allem auf § 548 BGB, da die sechs Monate zum Zeitpunkt des Aufrechnungsschreibens bereits vergangen waren.

Die Mieterin hatte damit zunächst Erfolg. Denn nach Auffassung des Gerichts war die Aufrechnung mit den behaupteten Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung der Mietsache bereits verjährt.

Gemäß § 215 Alt. 1 BGB kann allerdings auch mit einer bereits verjährten Forderung aufgerechnet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Forderung in dem Zeitpunkt, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte, noch nicht verjährt war. Die Forderungen sich folglich zu irgendeinem Zeitpunkt einmal unverjährt gegenübergestanden haben. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass eine solche Ausnahme im vorliegenden Fall nicht vorliege, da es bereits an der nötigen Aufrechnungslage gemäß § 387 BGB fehle. Es fehle bereits an der Gleichartigkeit der Forderungen (in der Regel „Geld gegen Geld“). Denn bei dem Anspruch auf Rückzahlung der Barkaution handelt es sich um eine Geldforderung. Der Anspruch des Vermieters auf Wiederherstellung des vorigen Zustands wegen Beschädigung der Mietsache sei hingegen auf Naturalrestitution gerichtet.

Der Vermieter hat nach § 249 II BGB im Falle einer Sachbeschädigung eine sogenannte Ersetzungsbefugnis. Er kann nach der Naturalrestitution den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen, sodass dann eine Geldleistungspflicht besteht und die Ansprüche mithin gleichartig sind. Diese Ersetzungsbefugnis hätte der Vermieter nach Auffassung des Gerichts bereits innerhalb der Verjährungsfrist von sechs Monaten geltend machen müssen. Im Ergebnis hielt das Gericht eine Aufrechnung aufgrund der Verjährung also nicht für möglich.

Der BGH stellte mit seiner Entscheidung hingegen klar, dass die Aufrechnung zulässig war. Die Vorinstanzen hätten die typischen Interessenlagen der Mietparteien nicht hinreichend berücksichtigt. Die Barkautionsabrede im Mietvertrag sei in der Regel so auszulegen, dass ein Vermieter nach Ende des Mietvertrages – und auch nach Ende der hierfür geltenden Verjährungsfrist – etwaige Ansprüche wegen Schäden an der Mietsache von der Kaution abziehen könne. Die Kaution diene schließlich gerade der Sicherung der Ansprüche des Vermieters, dieser solle die Möglichkeit erhalten, sich nach dem Ende des Mietverhältnisses auf einfache Weise durch Aufrechnung mit der Kaution befriedigen zu können.

Der Einwand, der Vermieter hätte bereits in der 6-Monats- Frist seine Ersetzungsbefugnis im Hinblick auf den nötigen Geldbetrag ausüben können, überzeugte den Senat nicht. Dies sei lediglich ein formaler Schritt im Vorfeld der letztlich maßgeblichen Kautionsabrechnung. Mieter und Mieterinnen hätten daher regelmäßig kein Interesse daran, dass dies innerhalb der 6-Monats- Frist geschehe.

Der Senat hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LG Nürnberg-Fürth zurück. Dieses muss nun noch Feststellungen dazu treffen, ob die vom Vermieter behaupteten Schadensersatzansprüche überhaupt bestehen.

 



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