Erbrecht / Testament

Wirksamkeit eines Testaments trotz Demenz?

05.09.2024

LG Frankenthal, 18.07.2024 - 8 O 97/24 -


Das Landgericht Frankenthal (Pfalz) hatte sich mit der in der Praxis oft anzutreffenden Frage zu befassen, ob eine an Demenz erkrankte Person in der Lage sein kann, ein wirksames Testament wirksam zu errichten.

Das Gericht hat diese Frage im Ergebnis bejaht mit der Enschränkung, dass es auf den Grad der Demenz ankomme.

Gemäß § 2229 BGB kann ein Testament nicht errichten, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Demnach kann eine Demenzerkrankung also zu einer Testierunfähigkeit im Sinne des § 2229 Abs. 4 BGB führen.

Das Landgericht Frankenthal stellte fest, dass es bei der Frage der sogenannten Testierunfähigkeit allerdings darauf ankomme, ob sich die betreffende Person trotz ihrer Erkrankung noch ein klares Urteil über die Tragweite ihrer Anordnungen bilden könne und in der Lage sei, frei von Einflüssen Dritter zu entscheiden. Dies sei bei einer lediglich leichten Demenz immer noch der Fall. 

Die Kammer unterschied hierbei zwischen leichtgradiger, mittelschwerer und schwerer Demenz. Von einer Testierunfähigkeit sei aber regelmäßig nicht auszugehen, wenn sich die Erkrankung noch in einem Stadium leichtgradiger Demenz befindet.

In dem dem Landgericht Frankenthal vorliegenden Fall hatte der Testamentsvollstrecker einer verstorbenen Frau, welche keine pflichtteilsberechtigten Angehörigen hatte, in einem Eilverfahren geklagt. Die Neunzigjährige hatte kurz vor ihrem Tod vor einem Notar ein Testament errichtet und damit dem Sohn einer Freundin ihr wertvolles Anwesen in Ludwigshafen vermacht. In der Urkunde hatte der Notar schriftlich festgehalten, dass nach seiner Auffassung bei der Seniorin eine unbeschränkte Geschäfts- und Testierfähigkeit besteht.

Der Testamentsvollstrecker war hingegen anderer Meinung. Hiernach sei die Seniorin bereits bei der Beurkundung nicht mehr fähig gewesen, frei zu entscheiden. Um dies zu beweisen legte er Arztbriefe vor, aus denen eine „beginnende demenzielle Entwicklung“, eine „demenzielle Entwicklung“ und eine „bekannte Demenz“ der Seniorin hervorging. Mit seinem Eilantrag wollte der Testamentsvollstrecker verhindern, dass der von der Seniorin bedachte Sohn der Freundin das Haus erhielt.

Das Landgericht Frankenthal wies den Eilantrag ab. Der Testamentsvollstrecker habe die Testierunfähigkeit der Seniorin im Hauptsacheverfahren zu beweisen. Dass ihm dies gelänge, sah das Gericht aber als nicht wahrscheinlich an, denn bei den vorgelegten Unterlagen fehle es unter anderem an der Einstufung des Grades der Demenz, ohne die keine verlässliche Aussage getroffen werden könne.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist Berufung zum Pfälzischen Oberlandesgericht möglich.

 



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