Arbeitsrecht
Das Corona-Virus und seine arbeitsrechtlichen Folgen
17.03.2020
Seit Wochen bestimmt das Coronavirus die Schlagzeilen und breitet sich in Deutschland immer weiter aus. Dabei hat das Coronavirus längst Einzug in sämtliche Alltagsbereiche erhalten; so auch den Arbeitsalltag. Aus diesem Grunde haben wir in diesem kurzen Beitrag die wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen und Antworten für Sie zusammengetragen.
- Kann der Arbeitnehmer zuhause bleiben, wenn er fürchtet, sich mit dem Coronavirus anzustecken?
Ein gesetzlicher Anspruch, aus Angst der Arbeit fern zu bleiben oder - wenn dies möglich ist - von zu Hause aus zu arbeiten, existiert grundsätzlich nicht. In diesem Fall sind Arbeitnehmer sind nicht von ihrer Leistungspflicht befreit, sondern sind weiterhin verpflichtet, an ihrem Arbeitsplatz zu erscheinen.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber steht es natürlich frei eine Vereinbarung zu treffen, von zu Hause aus zu arbeiten. Das Recht auf das sogenannte „Homeoffice“ kann sich zudem aus einer Betriebsvereinbarung oder einer tarifvertraglichen Regelung ergeben.
- Dürfen Arbeitnehmer der Arbeit fern bleiben, wenn der öffentliche Nahverkehr den Betrieb einstellen sollte?
Das sogenannte Wegerisiko liegt beim Arbeitnehmer, wonach es seine Sache ist, von seiner Wohnung zur Arbeitsstelle zu gelangen. Notfalls hat dieser andere Mittel und Wege zu finden pünktlich auf der Arbeit zu erscheinen. Erbringt dieser seine Arbeitsleistung nicht, entfällt grundsätzlich der Anspruch auf die vereinbarte Vergütung oder er muss die verlorene Arbeitszeit anderweitig nachholen.
- Bekommt der Arbeitnehmer weiterhin sein Gehalt, wenn er am Coronavirus erkrankt ist?
Ist der Arbeitnehmer infolge einer Infektion mit dem Coronavirus arbeitsunfähig erkrankt und kann aufgrund dessen seine Arbeitsleistung nicht erbringen, besteht - wie bei jeder anderen Erkrankung auch - ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für den Zeitraum von sechs Wochen ( § 3 EFZG). Nach dem Zeitraum von sechs Wochen zahlt die Krankenkasse das sogenannte Krankengeld als Ersatzleistung.
- Darf der Arbeitnehmer zu Hause bleiben, wenn sein Kind am Coronavirus erkrankt ist?
In diesem Fall gilt grundsätzlich das Gleiche wie bei jeder anderen Erkrankung eines Kindes. Bedarf das Kind während einer Krankheitsphase einer Beaufsichtigung und Betreuung, kann ein Elternteil sich dies vom Arzt attestieren lassen (sogenannte „Kindkrankschreibung“). Für diese Dauer hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Freistellung gegenüber seinem Arbeitgeber. Der Arbeitgeber muss für diesen Zeitraum jedoch kein Gehalt zahlen. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Krankengeld gegenüber der Krankenkasse (§ 45 SGB V).
Jeder Arbeitnehmer hat jährlich einen Anspruch auf 10 Tage Krankengeld pro Kind. Alleinerziehende sogar einen Anspruch auf 20 Tage pro Kind. Bei drei oder mehr Kindern ist es jedoch maximal 25 Tage im Jahr und 50 Tage bei Alleinerziehenden.
- Hat der Arbeitnehmer ein Recht sein Kind zu Hause zu betreuen, wenn die Kindertagesstätte/Schule geschlossen wird?
In dem Fall, in dem das Kind nicht erkrankt ist, greift das zuvor Geschilderte nicht ein. Einen Anspruch auf bezahlte Freistellung gibt es in diesem Fall nicht. Die Kinderbetreuung bzw. die Fürsorgepflicht ist grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer sollte daher schnellstmöglich eine andere Betreuungsmöglichkeit organisieren. Andernfalls besteht die Möglichkeit, sich mit dem Arbeitgeber spontan auf Urlaub oder den Abbau von Überstunden zu verständigen. Keinesfalls sollte der Arbeitnehmer einfach der Arbeit fern bleiben. Ein unentschuldigtes Fehlen am Arbeitsplatz kann einen Kündigungsgrund darstellen.
- Kann der Arbeitnehmer den Antritt einer Dienstreise verweigern?
Dem Arbeitgeber steht grundsätzlich das Recht zu, aufgrund einer arbeitsvertraglichen Regelung oder seinem Direktionsrecht, seine Mitarbeiter aus dienstlichen Gründen auf Reise zu schicken. Ohne einen begründeten Gefährdungsverdacht kann der Arbeitgeber daher auch weiterhin dienstliche Reisen anordnen.
Der Arbeitgeber unterliegt dabei jedoch einer allgemeinen Fürsorgepflicht und muss die Gesundheit seiner Mitarbeiter schützen. Dienstreisen in ein Gebiet, für das eine offizielle Reisewarnung vorliegt, sind untersagt.
- Bekommt der Arbeitnehmer sein Gehalt im Falle einer Quarantäne?
Ist der Arbeitnehmer infolge einer Coronavirus Erkrankung arbeitsunfähig erkrankt, erhält er auch während einer Quarantäne Entgeltfortzahlung für den Zeitraum von sechs Wochen.
Wird ansonsten der Betrieb stillgelegt, sind zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden.
- Entscheidet sich der Arbeitgeber aus freien Stücken, den Betrieb aus Sicherheitsgründen zu schließen, ist dies allein seine unternehmerische Entscheidung. Solange der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, trifft den Arbeitgeber eine sogenannte Beschäftigungspflicht. Schickt er seine Mitarbeiter unbegründet nach Hause, ist er weiterhin zur Lohnzahlung verpflichtet. Wie bereits oben erwähnt, kann er – wenn dies möglich ist – Heimarbeit anordnen. Eine Betriebsschließung unterfällt allein dem Betriebsrisiko des Arbeitgebers.
Die einseitige Anordnung von Urlaub (Zwangsurlaub) in Form von Betriebsferien ist grundsätzlich nicht ohne weiteres möglich, da im Zuge der Urlaubsgewährung auch die Wünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Die Möglichkeit eines solchen Zwangsurlaubs ist nur bei „dringenden betrieblichen Erfordernissen“, die die Interessen der Mitarbeiter ausnahmsweise bei der Urlausbestimmung überwiegen, zulässig. Darunter fällt die Erkrankung von Mitarbeitern nicht.
Es ist jedoch möglich die Arbeitnehmer unter Anrechnung von möglichen Überstunden nach Hause zu schicken. - Ordnet hingegen die zuständige Gesundheitsbehörde ein Tätigkeitsverbot/Quarantäne an, erhält der Arbeitnehmer eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Dieses entspricht der Höhe und Dauer der Zahlung der normalen gesetzlichen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und ist zunächst ebenfalls vom Arbeitgeber zu zahlen. Nach sechs Wochen zahlt der Staat in Höhe des Krankengeldes den Betrag weiter. Der Arbeitgeber bekommt aber auf Antrag eine Entschädigung von der zuständigen Behörde (§ 56 Abs. 5 IfSG).
Insgesamt handelt es sich bei der Verbreitung des Virus um einen dynamischen Prozess, den wir auch in seiner rechtlichen Auswirkung weiter beobachten. Wir werden daher weiterhin an dieser Stelle darüber berichten.
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