Wettbewerbsrecht
LG Köln verbietet Vertragsgenerator „smartlaw“
01.11.2019
Landgericht Köln, Urteil vom 08.10.2019 – 33 O 35/19 –
Das Landgericht Köln hat ein sogenanntes „Legal-Tech-Angebot“ eines Verlages, der unter anderem juristische Fachliteratur anbietet, verboten, mit der Begründung, ein solches Angebot verstoße gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Daneben wurde auch die Bewerbung des Produktes in seiner konkreten Form, zumindest wie dies seinerzeit geschehen ist, untersagt.
Bei dem „Legal-Tech“-Produkt mit dem Namen „smartlaw“ handelt es sich im Wesentlichen um einen Vertragsgenerator, der sowohl an Verbraucher als auch sonstige Markteilnehmer gerichtet ist und über einen Fragenkatalog das passende Vertragswerk ausgibt mit Klauseln in Abhängigkeit von den vom Nutzer gegebenen Antworten. Daneben wurde dieses Produkt beworben mit Formulierungen wie „günstiger und schneller als der Anwalt“ oder „Rechtsdokumente in Anwaltsqualität“.
Nach Auffassung des Landgerichts Köln ist bereits die Bewerbung des Produktes unzulässig (gewesen). Daneben hatte das Landgericht Köln aber auch die Frage zu entscheiden, ob das Angebot eines solchen Vertragsgenerators an sich aufgrund eines Verstoßes gegen das RDG unzulässig ist.
Das Landgericht Köln bejahte in seinem Urteil diese Frage und begründete dies unter anderem damit, dass ein solcher Vertragsgenerator nicht von Unternehmen betrieben werden dürfe, die nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen oder sonst nach dem RDG legitimiert seien. Dies solle auch dann gelten, wenn das Unternehmen in die AGB hinein schreibe, es liefere keine Rechtsberatung, sondern lediglich ein Verlagserzeugnis. Die angesprochenen Verkehrskreise würden nicht erkennen (können), dass sie lediglich selbst auf Basis einer Mustersammlung einen Vertrag zusammenstellen.
Darüber hinaus gehe die Leistung über das bloße Überlassen von standardisierten Vertragsmustern hinaus. Das Angebot sei ferner auf einen konkreten Sachverhalt gerichtet und erreiche dabei einen hohen Grad an Individualisierung, der über das Format eines klassischen Formularbuchs oder einer entsprechenden weiterentwickelten digitalen Formulardatenbank hinausgehe.
Der in Anspruch genommene Verlag rechtfertige sich unter anderem damit, dass der ausgeworfene Vertrag Ergebnis der Tätigkeit eines Algorithmus und nicht eines Menschen sei und zum anderen das Angebot sich eben nicht von einem Formularbuch unterscheide.
Diese Gründe – vor allem das Argument der Tätigkeit des Algorithmus – mögen eventuell zutreffen. Anders als es der in Anspruch genommene Verlag allerdings anführt, liegt das Interesse der Rechtsanwaltschaft weniger darin, unliebsame Konkurrenz beiseite zu räumen als (auch) den Verbraucher und sonstige Rechtsuchende zu schützen. Denn die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft setzt nicht nur eine relativ lange Ausbildung und somit ausreichende Qualifizierung, Rechtsrat zu erteilen, voraus, sondern kann auch nur dann erteilt werden, wenn eine Vermögenshaftpflichtversicherung nachgewiesen werden kann. Diese springt dann bezüglich der Haftung ein, wenn der beauftragte Rechtsanwalt schuldhaft fehlerhaft beraten hat. Es ist Rechtsanwälten, anders als Algorithmen verboten, widerstreitende Interessen zu vertreten, sie unterliegen einem Fremdfinanzierungsverbot und sollten – je nach Erfahrung – in der Lage sein, Angaben des Mandanten, des „Gegners“ oder eines sonstigen Dritten auf den Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Gerade Letzteres kann ein Computerprogramm zumindest nach dem heutigen Stand der Technik nicht bieten. Schließlich dürfte es (zumindest heute noch) Computerprogrammen, auch wenn sie als „künstliche Intelligenz“ bezeichnet werden, nicht gelingen, kreative Lösungen zu finden, die das Ergebnis einer interessensgerechten Abwägung sind.
Das Verbot entsprechender Angebote, solange sie nicht von Rechtsanwälten oder sonstigen qualifizierten Rechtsdienstleistern angeboten werden, mag sicherlich – vor allem aus Gründen des Schutzes des Rechtssuchenden - richtig sein. Ob dies aber auf Grundlage der bisherigen gesetzlichen Regelungen durch die Rechtsprechung erfolgen kann oder eine Gesetzesänderung erfolgen muss, wird wohl noch zu entscheiden sein durch den Bundesgerichtshof, wenn und soweit der Rechtsstreit in die III. Instanz gehen wird.
Wir begrüßen im Sinne des Schutzes der Rechtsratsuchenden die Entscheidung des LG Köln. Bei uns erhalten Sie als Rechtsratsuchender stets eine ganz auf Ihre persönlichen Interessen abgestimmte individuelle Beratung durch unsere qualifizierten Rechtsanwälte und Fachanwälte in vielen Lebensbereichen.
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