Mietrecht

Verwertung heimlicher Videoaufnahmen durch den Vermieter unzulässig

27.09.2024

BGH, Urteil vom 12.03.2024 - VI ZR 1370/20 -


Videoaufnahmen, die der Vermieter heimlich gefertigt hat, sind in einem Mietstreit vor Gericht als Beweis nicht verwertbar.

Dies hat der BGH in seinem Urteil vom 12.03.2024 entschieden.

Wer als Vermieter den Mieter heimlich mit versteckter Kamera filmt und im Treppenhaus damit die Wohnungstür ausspioniert, um herauszufinden, ob diese Wohnung unerlaubt untervermietet wird, kann diese Aufnahmen in einem späteren Prozess vor Gericht nicht zu Beweiszwecken verwenden.

In dem Fall, welcher dem BGH vorlag, hatte eine landeseigene Berliner Wohnungsgesellschaft mehrere ihrer Mieterinnen im Verdacht, die angemieteten Wohnungen unerlaubt unterzuvermieten und diese deshalb abgemahnt. Um die unerlaubte Untervermietung der Wohnung auch beweisen zu können, beauftragte sie einen Privatdetektiv, welcher gegenüber der Wohnungstüren der verdächtigen Wohnungen Kameras platzierte. Auf den Aufnahmen dieser Kameras waren die Wohnungstür, sowie die Gesichter und Bekleidung der ein- und ausgehenden Personen zu erkennen. Daraufhin kündigte die Vermieterin außerordentlich und ordentlich und verlangte die Räumung der Wohnung.

Die Mieterinnen weigerten sich, aus den Wohnungen auszuziehen. Eine von ihnen machte ihrem Ärger über die Videoaufnahmen Luft, indem sie das Vorgehen mit Stasimethoden verglich. Die Mieterin verlangte eine Geldentschädigung wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

Das Amtsgericht Berlin Mitte gab der Räumungsklage der Vermieterin statt und wies die Entschädigungsforderung der Mieterin ab.

Hiergegen ging die Mieterin in Berufung zum Landgericht Berlin. 

Dieses hob das Urteil hinsichtlich der Räumung auf, wogegen wiederum die Vermieterin Revision zum BGH einlegte.

Der BGH bestätigte indes die Entscheidung des Landgerichts mit seinem Urteil und gab der Mieterin recht.

Ein Anspruch auf Räumung der Wohnungen aus §§ 546 Abs.1, 985 BGB bestehe nicht, da die Kündigungen die Mietverhältnisse nicht beendet haben. Ein wichtiger Grund in Gestalt der unbefugten Nutzung der Wohnungen liege nicht vor, da die Klägerin sich dabei allein auf ihre Aufnahmen stütze und ein Gericht diese Indizien nicht verwerten dürfe.

Nach Ansicht des BGH verstößt eine Verwertung im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO gegen den Datenschutz. Nach § 4 Abs.1 BDSG a.F. sei die heimliche Erhebung personenbezogener Daten unzulässig, da die Bilder im nichtöffentlichen Raum hergestellt wurden. Das Treppenhaus eines Wohnhauses sei öffentlich nicht zugänglich, folglich müsse niemand damit rechnen dort gefilmt zu werden. Die durchgeführte umfassende Interessenabwägung falle demnach eindeutig zugunsten der gefilmten Personen aus. Diese seien erheblich in ihrem Recht auf Achtung des Privatlebens aus Art. 7 GRCh (Carta der Grundrechte der europäischen Union) und ihrem Recht auf Schutz personenbezogener Daten aus Art. 8 GRCh verletzt worden.

Der Vermieterin hätten nach Ansicht des BGH mildere Mittel als eine solche Videoüberwachung zur Verfügung gestanden: Sie hätte Nachbarn oder Angestellte befragen oder gezielte Scheinanmietungen durchführen können.

Auch lehnte der Senat die Verwertung verarbeiteter personenbezogener Daten nach Art. 4 Nr. 2 DS-GVO ab, weil sie nicht im öffentlichen Interesse lag. Der Staat sei zwar verpflichtet, seinen Bürgerinnen und Bürgern eine effektive Rechtspflege zu gewährleisten, welche eine umfassende Berücksichtigung des beigebrachten Beweismaterials erfordere. Aber die Vermieterin habe mit den Videoaufnahmen lediglich ein Indiz angeboten, da ein vierwöchiges Geschehen vor einer Wohnungstür noch keinen Beweis für eine etwaige Untervermietung zu liefern vermöge, solange der Aufenthaltscharakter der gefilmten Personen unklar sei.

Auch die Kündigung wegen des Vergleichs mit der Stasi habe den Mietvertrag nicht beenden können. Diese Äußerung sei als Meinungsäußerung von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt, sie sei insoweit nach § 193 StGB als Wahrnehmung rechtmäßiger Interessen rechtmäßig.

Eine gesonderte Geldentschädigung wegen Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts sprach der Bundesgerichtshof der Mieterin aber ebenfalls nicht zu. Der BGH hielt die Genugtuung durch das Urteil, welches die Rechtswidrigkeit der Maßnahme feststellt, für ausreichend.

Dieses Urteil zeigt, wie wichtig der Datenschutz und die Rechte der Mieter sind. Vermieter müssen bei der Überprüfung von Verdachtsmomenten auf legale und faire Methoden zurückgreifen.

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